Wir sind es gewohnt, beim Begriff „KRIPPE“ an die figurale Darstellung des Geschehens der Geburt Christi mit
Ochs, Esel und Hirten mit ihren Schafen zu denken. Von Passions-, Fasten- und Osterkrippen hört man jedoch
selten. Für den Hausgebrauch ist die Passionskrippe meist wegen des enormen Ausmaßes nicht geeignet. Auch
fehlt hier die Lieblichkeit der Weihnachtskrippe, was wohl ein weiterer Grund ist, dass sie sich als Hauskrippe nicht
durchsetzen konnte.
Die Osterkrippe hat ihren Ursprung im späten Mittelalter, das war eine Zeit in der die meisten Menschen nicht
lesen und schreiben konnten. Die Messen wurden damals in lateinischer Sprache zelebriert und so von den
Kirchenbesuchern nicht verstanden, lediglich in der Predigt konnte der Priester über die Themen aus der Bibel
informieren. So waren Bilder und Figuren in den Kirchen und Kapellen, wie auch in den Häusern eine der wenigen
Möglichkeiten die biblischen Geschichten der Bevölkerung näher zu bringen. Vor allem im alpenländischen Raum
entstanden Weihnachts- und Fastenkrippen, die verschiedene Szenen aus dem Leben und Wirken Jesu figural
darstellten.
Diese Tradition hat sich vor allem in Tirol bis heute erhalten und bedeutende historische Krippen haben sich dort
erhalten. Erhalten ist beispielsweise eine 1562 im Außerfern entstandene als „Nessereither-Fastenkrippe“
bekannte Darstellung.
Die aus Winklpoint stammende Marianne Gfölner, hat seit Jahrzehnten die Tradition des Kirppenbauens zu ihrer
Passion gemacht. Hunderte Krippen entstanden durch ihre kunstfertigen Hände. Dabei waren einerseits die
berühmten Tiroler Krippen Vorbild, aber auch Höfe und Landschaften aus unserer engeren Heimat. Nicht wenige
Fastenkrippen sind dabei auch entstanden, viele ihrer Werke können in ihrem eigenen Krippenmuseum in
Waizenkirchen bewundert werden. Marianne war es nun ein besonderes Anliegen, ihrer Tauf- und Heimatpfarre
Neukirchen eines ihrer Werke zu schenken. Mit Freude haben wir das Geschenk angenommen und auch gleich
einen würdigen Platz hier neben dem linken Seitenaltar zu finden. Martin Wintereder tischlerte noch einen
Horizont, den Elisabeth Ratzenböck stimmungsvoll bemalt hat. Ihr könnt hier die Szenen „Einzug Jesu in
Jerusalem“; „Öberg“; „Abendmahl“; „Kreuzigung“; „Leeres Grab mit Engel“ und den „auferstandenen Jesus“
betrachten. Wir sind Marianne sehr dankbar für die großzügige Spende dieser Fastenkrippe.
Wir gehören nun zu den wenigen Kirchen in Oberösterreich, die auch in der Fasten- und Osterzeit eine Krippe
aufstellen können. Bekannte Osterkrippen in unserer Diözese sind beispielsweise eine in der Fililkirche am
Philippsberg bei Schwanenstadt aus dem Jahre 1712 und eine weitere in Haslach. In den Stiften Ranshofen (1558)
und Kremsmünster (1604) sind ebenfalls Fastenkrippen erhalten.
Die Darstellungen in der Osterzeit haben jedoch auch in Neukirchen eine besondere Tradition. Franz Weny schuf
1790 zwei Ostergräber – eines für die Leonhardikapelle und ein kleineres für die untere Kreuzbergkapelle. Am
Karfreitag wurde dabei der über das Jahr hindurch in der Kreuzbergkapelle aufbewahrte Leichnam Jesu in die
Leonhardikapelle gebracht. Dieses große Wenygrab wurde bis 1960 alljährlich dort neu aufgestellt und wird heute
im Wenystadl bei der Gemeinde aufbewahrt und kann dort in der Karwoche besichtigt werden. Auch das „kleine“
Wenygrab ist nach der Restaurierung im Vorjahr wieder in der unteren Kreuzbergkapelle jederzeit zu besichtigen.
Kons. Thomas Scheuringer
26.02.2024
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